Schlagwort-Archive: Alltag

Bärendienst

Es war ein warmer Samstagnachmittag, und meine Papageien waren in Panik. Wuchtige Schläge dröhnten durch das Mauerwerk und ließen die Möbel mitsamt Inhalt erzittern. Kurzentschlossen schob ich den Wagen mit dem riesigen Vogelkäfig in die Küche. Danach eilte ich durch das Treppenhaus, um mich vorsichtig bei meinem Nachbarn nach der Ursache des Lärms zu erkundigen. Als ich erfuhr, dass es nur um ein Loch zwischen zwei Räumen ging, durch das ein Kabel gelegt werden sollte, bot ich an, ihm einen extra langen Steinbohrer zu leihen. Damit würde es leichter gehen, und schneller, und leiser. Ich holte den Bohrer, der Nachbar spannte ihn in seine kleine Bohrmaschine und bohrte drauflos. Nach einer Weile versagte die Maschine: Das Bohrfutter war hinüber. Also holte ich unsere Schlagbohrmaschine. Damit gelang der Mauerdurchbruch, jedoch leider nicht dort, wo geplant. Auf der anderen Seite ankommend traf der Bohrer das Telefonkabel, und meine warnenden Rufe wurden wegen des Schlagbohrers nicht gehört. Anschließend dankte mir der Nachbar für den Bohrer. Ich aber grüble jetzt: Das Loch ist schief, seine Bohrmaschine kaputt, sein Telefonkabel beschädigt. Hab ich ihm damit wirklich geholfen?

Zeitgeist

Rolltreppe Es gibt Dinge, die würde man nie zwischen halb sechs und sieben zu hören bekommen, und würde man sie dann zu hören bekommen, dann würden die, die sowas sagen, was zu hören bekommen. Zwischen sieben und halb neun hingegen kriegt man Dinge zu hören, da fallen einem die Ohren ab. Zum Beispiel: „Wenn Sie es so eilig haben, warum nehmen Sie dann die Rolltreppe und nicht die feste Treppe?“ – Was soll man darauf antworten? – „Weil eine Rolltreppe eben eine Treppe ist und kein Fahrstuhl. Weil man auf Rolltreppen links geht und rechts steht. Weil ich, wenn ich es eilig habe, den Geschwindigkeitsvorteil einer Rolltreppe nicht missen möchte. Weil … verdammt! Ich will nicht diskutieren, ich will hier vorbei!“ – Es sind immer Mädels unter 25, die mir mit solchen bockigen Sprüchen kommen, und immer sind sie geschminkt, langhaarig und gut gekleidet. Die Phantasien, die bei solchen Begegnungen in mir hochkommen, sind alles andere als gewaltfrei.