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Die angebliche Weisheit des Nicht-besitzen-Wollens

Ich lese gerade das Buch „Shaolin – Du musst nicht kĂ€mpfen, um zu siegen“. Nachdem ich darin ĂŒber die Entschlossenheit gelesen habe, bin ich nun beim Abschnitt „Nicht besitzen wollen“ angekommen. Der beginnt mit einer „Weiser-Mann-Geschichte“, ĂŒber die ich wirklich herzlich lachen musste: Ein angeblich weiser Mönch setzt sich ausgerechnet mitten auf eine Straße, die von Reitern benutzt wird, um genau dort zu meditieren. Als dann, voraussehbar, ein Reiter kommt, ist dieser so arrogant, dass er dem Mönch nicht etwa ausweicht (ja, wie schmal ist diese Straße denn?), sondern sich in Positur wirft und gebieterisch Durchlass verlangt. Er droht dem Mönch, er könne ihn, ohne mit der Wimper zu zucken, töten, wenn dieser ihm nicht Platz mache. Und der angeblich weise Mönch, dem man „nichts nehmen kann“, teilt diesem Reiter mit, dass er dann eben sterben wĂŒrde, ohne mit der Wimper zu zucken. Die eine Lesart ist, dass man den Mönch mit einer Morddrohung nicht erpressen kann, da er an seinem Leben nicht hĂ€ngt. Eine andere, meiner Meinung nach logischere, Interpretation ist, dass der Mönch eher bereit ist, sich erschlagen zu lassen, als seinen Hintern zu erheben und beiseite zu treten.

Zwei dickköpfige Deppen treffen aufeinander: Ein General, der sich seine AutoritĂ€t und das Anrecht auf freien Durchlass nicht nehmen lassen will, und ein Mönch, der sich seine wĂŒrdevolle Positur („Hier meditiere ich, auf offener Straße, fĂŒr alle sichtbar, Ha!“) und einen halben Quadratmeter Straßenpflaster nicht nehmen lassen will. Und weil der Mönch so dĂ€mlich ist, sich dafĂŒr auch noch umbringen lassen zu wollen, sowie weil er ein Mönch ist, ist er in dieser Geschichte der „Weise“.

In Wirklichkeit ist das, was der Mönch tut, Nötigung. Und es ist emotionale Erpressung. Auch der General handelt nicht klug. Mit seiner ultimativen Drohung hat er gleich zu Anfang der Auseinandersetzung sein Pulver verschossen. Um jetzt sein Gesicht zu wahren, muss er zum Mörder werden. Was ihm, als ranghohem militĂ€rischem FĂŒhrer, vermutlich nicht einmal schwer fallen wird, wenn man sich das ganz genau ĂŒberlegt.

Wenn der General wirklich konsequent die Rolle erfĂŒllt, die die Gesellschaft von ihm erwartet, hat der Mönch verloren. Der General wird mit dem selben Gleichmut, mit dem der Mönch mit seinem Hintern auf der Straße sitzen bleibt, das Schwert ziehen, und den alten Narren ins Jenseits befördern. Und auf Vorhaltungen, dass er nur wegen des Wegerechts einen wehrlosen Mönch ermordet hat, wird er mit Fug und Recht antworten können: „Er hat es nicht anders gewollt, und sein Leben war ihm gleichgĂŒltig. Ihr habt es ja gehört. Wer hat mir etwas vorzuwerfen, wenn der alte Mönch doch selbst gesagt hat, dass ich ihm ruhig sein Leben nehmen kann?“

Trotzdem wird man den General nun als einen grausamen Menschen betrachten. Aber eben auch als einen konsequenten Menschen. Seinem Ansehen als militĂ€rischer FĂŒhrer wird es in gewissen Kreisen möglicherweise nicht schaden, sondern nĂŒtzen, denn Weichheit und Halbherzigkeit sind mit seiner Position nicht vereinbar.

Sowohl der General als auch der Mönch haben in dieser Geschichte ihre Unvernunft bewiesen. Zwei Dickköpfe, die beide in einem Machtkampf nicht nachgeben wollten, und die sich sehenden Auges in eine Situation begeben haben, in der es am Ende nur Verlierer geben konnte. Auch fĂŒr Entschlossenheit wirbt die Geschichte nicht, denn beide Kontrahenten sind entschlossen, sich dumm zu verhalten, komme, was da wolle.

Warum sollte man den Mönch als weise bezeichnen? Weil er ein Mönch ist? Weil er meditiert? Weil er vorgibt, nichts zu verlieren zu haben? Er hĂ€tte genau so gut, ohne mit der Wimper zu zucken, aufstehen können. Es sei denn, es wĂ€re um etwas ganz anderes gegangen. HĂ€tte er beispielsweise nicht nur den General, sondern gleich einen ganzen Tross aufhalten wollen, um diesen daran zu hindern, in den Krieg zu ziehen und Menschen abzuschlachten, dann hĂ€tte man mit gutem Willen einen Sinn in seine Handlungsweise hinein interpretieren können. Er hĂ€tte sich dann geopfert, um viele Morde zu verhindern oder zumindest zu verzögern. Dann hĂ€tte der Dialog aber ein anderer sein sollen. Der Mönch hĂ€tte in diesem Fall dem General ins Gewissen reden und ihm eine andere Handlungsweise vorschlagen mĂŒssen. Darum ging es aber in dieser Geschichte nicht.

Es ging in der Geschichte um die kurzzeitige Hoheit ĂŒber einen halben Quadratmeter Straßenpflaster, und um die Frage, wer wie konsequent bereit ist, seine Drohung umzusetzen: Wird der General wirklich bereitwillig töten, oder reitet er letztendlich knurrend um das Hindernis herum? Wird der Mönch wirklich bereitwillig sterben, oder ergreift er nicht doch im letzten Augenblick die Flucht? Und warum handeln die Beteiligten ĂŒberhaupt so: Aus Eitelkeit? Vor sich selbst? Vor anderen? Wie weise soll das sein?

Was also sollen solche Geschichten vom angeblich so edlen „Nicht-besitzen-Wollen“, und in welchem Kontext sollte man sie sehen? „KĂ€mpfe nicht, gib alles auf, und wenn es nichts mehr fĂŒr dich gibt, um das es sich zu kĂ€mpfen lohnt, dann bist du wahrhaft frei!“ – So kann man Menschen auch klein halten. Indem man ihnen vormacht, dass Duldsamkeit und Demut sie zu den wahren Siegern macht. Man lehrt sie, heiter und gelassen hinzunehmen, dass man sie beraubt und unterdrĂŒckt, statt zur Mistforke zu greifen und die Tyrannen aus ihren PalĂ€sten zu jagen. Wie elegant! Die katholische Kirche musste zu diesem Zweck die Angst vor Hölle und Fegefeuer bemĂŒhen. Und beide Religionen, sowohl der Buddhismus als auch das Christentum, waren sich nie zu schade darum, die absurdesten und zum Teil unlogischsten Geschichten zu ersinnen, um ihre Ideologie damit zu unterfĂŒttern.

Nicht-besitzen-Wollen steht außerdem im direkten Widerspruch zu „Entschlossenheit und Konsequenz“. Wenn es nichts fĂŒr mich gibt, um das es sich zu kĂ€mpfen lohnt, warum sollte ich dann entschlossen und konsequent sein? Dann kann ich auch mit Gleichmut meinem Untergang entgegensehen. Einen Gegner freut das, weil er weniger MĂŒhe hat, und ich lerne, heiter und gelassen im Nichts aufzugehen, auf dass ich mit der All-Seele friedlich vereint werde. Win-win? Wohl doch eher nicht.

„Mit Niederlagen leben lernen“ ist etwas anderes, als die Fabel vom Fuchs und den sauren Trauben zum Standard zu erheben.

Der Abschnitt ist absurd und unglaubwĂŒrdig. Nur weil etwas als fernöstliche Weisheit vermarktet wird, ist es noch lange nicht weise.

Klamottenkauf

Im letzten Jahr habe ich 25 kg abgenommen. Seit dem letzten Herbst hab ich mir ĂŒberwiegend leichte Sommerkleidchen zugelegt, und nur eine einzige Jeans in GrĂ¶ĂŸe 42. Ansonsten habe ich die alten „Hoffnungsjeans“ aus der Kiste geholt, von denen ich schon befĂŒrchtete, sie nie wieder tragen zu können. Selbst die sind mir inzwischen zu weit. Das Wetter ist zu kalt geworden fĂŒr die dĂŒnnen, knielangen Kleidchen. Es hilft nichts, Modeallergie hin, Geiz her – ich brauche neue Klamotten.

Um nicht völlig plan- und ziellos durch die KaufhĂ€user zu toben, entwerfe ich in Gedanken mein Wunsch-Outfit. Nicht, um mich exakt daran zu halten, denn das klappt nie. Ich möchte am nĂ€chsten Tag was zum Anziehen haben. Aber in eine gewisse Richtung soll es schon gehen: kniehohe, weiche Lederstiefel in einer Art abgewetztem Braun, ein weit schwingender, etwas mehr als knielanger, brauner Rock, und ein hellbrauner, dĂŒnner Pulli. GewĂŒnschter Stil, der dabei raus kommen soll: behaglich, gemĂŒtlich, gern etwas verspielt, aber bitte nicht albern.

So weit die Theorie. Um so etwas in die RealitĂ€t umzusetzen, muss man jedoch entweder sehr lange herumlaufen, sehr viel Geld ausgeben, oder selbst nĂ€hen. Es sei denn, man hat ein schweinemĂ€ĂŸiges GlĂŒck.

Ich habe diesmal kein GlĂŒck, zum selbst NĂ€hen fehlt mir die Zeit, und viel ausgeben kommt fĂŒr mich nicht in Frage. Ich versenke doch kein halbes Monatsgehalt fĂŒr ein paar Klamotten, die ich maximal ein paar Monate lang in Gebrauch haben werde. Denn danach, hoffe ich, werde ich wieder etwas kleineres brauchen. Preiswertere Sachen mĂŒssen reichen.

Stundenlanges Shoppen ist nicht mein Ding. Entweder ich finde meinen Kram schnell, oder ich lasse es sein. Nichts zu finden ist diesmal allerdings keine Option. Die alten Jeans sind schlabberig und halten sich nur noch mit Hilfe eines GĂŒrtels oben. Mit irgendetwas tragbarem muss ich heute nach Hause kommen.

Also werden es keine brauen Lederstiefel. Schwarzes Kunstleder muss es auch tun. Statt des weiten, braunen Rocks werden es drei preiswerte, relativ gerade geschnittene Röcke in schwarz, grau und einem sehr dunklen Violett. Und statt eines dĂŒnnen Rollis greife ich mir zwei langĂ€rmlige Shirts mit kleinteiligen Mustern. Der erzielte Look ist altbacken und streng. Ich bin nicht zufrieden. Immerhin, die Röcke sind einfarbig, bieten kleine Reißverschluss-Taschen, und die BĂŒndchen haben einen bequemen Gummizug, das ist schon mal was.

Die ĂŒbrige Auswahl ist eine Zumutung. Wo haben die Designer sich ihre Inspiration geholt, etwa vor 40 Jahren auf Großmutters Dachboden? Was ist so schwierig an einfarbigen, klassisch geschnittenen, taillierten Kleidern und weit schwingenden Röcken? Das derzeitige Angebot bei C&A ist das reinste Gruselkabinett. Den Vogel schießt dort allerdings die Trachtenmode ab. Bonbonfarbene Dirndl und alberne Kniebundhosen will in Hamburg bestimmt niemand tragen, und den Chemikaliengestank, der von dem Krempel ausgeht, finde ich unertrĂ€glich.

Was mich außerdem wundert ist die doch etwas drastische Anpassung der KonfektionsgrĂ¶ĂŸen. Klar, die Proportionen Ă€ndern sich. JĂŒngere Menschen haben heutzutage lĂ€ngere Arme und Beine und sind insgesamt grĂ¶ĂŸer, und dem muss natĂŒrlich Rechnung getragen werden. Aber dass ich jetzt mit einem BMI von 25 bequem in einen Rock der GrĂ¶ĂŸe 40 rein passe ist ausgesprochen irritierend. In den spĂ€ten 70ern hĂ€tte ich mit einer solchen Figur Röcke in GrĂ¶ĂŸe 44-46 gebraucht. In eine 38 rein zu passen war fĂŒr mich selbst mit Anfang 20 ein unerfĂŒllbarer Traum. Damals wog ich 62 kg. Jetzt wiege ich 69 kg, und trage die selbe KleidergrĂ¶ĂŸe wie damals. Sehr seltsam.

Aufgekratzt

Dyshidrosis. Credits: CC-BY-SA 3.0  Inwe on Wikipedia.de Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Dyshidrosis.JPG
Credits: Ana Sofia Fernandes („Inwe“) on Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Dyshidrosis.JPG (CC-BY-SA 3.0)

Ich weiß grad nicht, ob ich erleichtert, verĂ€rgert, oder entsetzt sein soll. Wohl eher die letzteren beiden.

Ein paar Wochen vor meinem Sommerurlaub hatte ich aufgekratzte Arme und Beine. Hausarztvertretung und Hausarztassistent meinten: „irgendwas allergisches“.

Der Hautarzt, zu dem ich dann ging, meinte: „Scabies“. Also KrĂ€tzemilben. In meiner Haut. BĂ€h. Dass meine Schwester ganz genau so blutige Arme und Beine hatte, schrieb er sich auch auf. Dass wir ĂŒberhaupt keinen körperlichen Kontakt zueinander hatten, schrieb er sich nicht auf. Dass mein Mann keine Symptome hatte, interessierte nicht. FĂŒr ihn war klar: Blutige Pusteln und Hitzeempfindlichkeit sind klassische Symptome von KrĂ€tze.

Als ich zwei Wochen nach der Permethrin-Behandlung wieder beim Hautarzt ankam, erwischte ich nicht den forschen jungen, sondern den freundlichen alten Hautarzt in der Gemeinschaftspraxis. Der schaute sich die Haut zwischen meinen Fingern an, fand da nichts, und meinte: KrÀtze weg, nicht verunsichern lassen, ab jetzt nur noch eincremen. Gut.

Nur, dass ich das nicht ganz glauben konnte. Zwischen den Fingern hatte ich bis dahin nĂ€mlich gar nichts gehabt. Und noch immer juckte es ĂŒberall, aber zum GlĂŒck war es ja nicht mehr ganz so warm, und die Cortisoncreme half einigermaßen. Bis wir dann in den Urlaub flogen.

Schon vor dem Urlaub juckten Hand- und FußflĂ€chen ganz unglaublich. Ich dachte an Pilze, die vielleicht die angeblichen KrĂ€tze-Tunnel genutzt haben könnten (ich hatte nirgends irgendwelche Bohrtunnel gesehen), und besorgte mir vor dem Flug Clotrimazol dagegen.

Dann, auf La Gomera, war es natĂŒrlich erheblich wĂ€rmer. Alles juckte wieder höllisch, besonders nachts. „Birgit, die Viecher sind weg, weg, weg!“ sagte ich mir energisch, schnitt die FingernĂ€gel kurz und feilte sie runter bis aufs Nagelbett, rieb mich nachts mit EiswĂŒrfeln ein, und besprĂŒhte mich mit Teebaumöl, bis ich roch wie eine Wagenladung FarbverdĂŒnner.

Zuhause besorgte ich mir dann Antiscabiosum, nahm weiter Teebaumöl, und wurde doch immer wÀrmeempfindlicher. BÀh. Das *konnte* doch nicht sein. Mit Argusaugen spÀhte ich nach komma-förmigen Wölbungen mit einem dunklen Punkt an einem Ende, fand aber nur eine, die soetwas eventuell sein *könnte*, aber nicht musste, und die war an einer Stelle, die gar nicht juckte.

Meine HandflĂ€chen waren inzwischen mit winzigen, teils wassergefĂŒllten, BlĂ€schen ĂŒberzogen (Spoiler: Dyshidrotisches Ekzem), und an den FĂŒĂŸen löste sich die Hornhaut nach dem Duschen bis auf das Fleisch hinunter ab. Gruselig. Ich klebte Compeed-Pflaster drauf, und schmierte an allen verdĂ€chtigen Stellen Clotrimazol drauf. Das schien zu helfen, aber irgendwie nicht richtig.

Ich ging nochmals zum Hautarzt, und erwischte wieder den freundlichen, Ă€lteren. Der sah sich das alles an. Die braunen, narbenartigen Flecken auf dem Bauch unter den BrĂŒsten, die FĂŒĂŸe mit den Löchern in der Hornhaut, die aufgekratzten Arme, die trockenen, rauhen HĂ€nde. „Trocken-Ekzeme“, meinte er, und fragte mich nach Wasch- und Duschgewohnheiten. Duschöl soll ich nun nehmen, statt Duschgel, und cremen, cremen, cremen. Auf die roten Stellen mit Cortison, ĂŒberall sonst mit nĂ€hrenden Fettcremes. Und nicht so oft waschen.

Wie es meinem Mann denn ginge, hat er noch gefragt. Gut, sagte ich, und dass der nie Symptome gehabt habe. Aha, meinte der Arzt dazu.

Jetzt habe ich einen Verdacht: Dass ich nie KrĂ€tzemilben gehabt habe, was ja eigentlich gut wĂ€re, denn der Gedanke an die Krabbeltiere war doch sehr belastend. Aber wenn ich nie Milben hatte, sondern wenn das von vornherein Ekzeme waren, dann kann das bedeuten, dass ich diesen Mist ab jetzt fĂŒr ein paar Jahre jeden Sommer haben werde. Und das ist erschreckend.

Auch trockene Ekzeme werden durch WĂ€rme verschlechtert, und der Juckreiz wird durch WĂ€rme verstĂ€rkt. Trockene Ekzeme, in Verbindung mit Hormonschwankungen in den Wechseljahren, scheinen (laut diversen ForenbeitrĂ€gen auf allen möglichen Webseiten) nicht ungewöhnlich zu sein. Warum kam Hautarzt Nr. 1 nicht darauf, und warum war es ihm egal, dass meine Schwester das gleiche hatte, und dass wir keinerlei Körperkontakt hatten? Wie wahrscheinlich hĂ€tte es sein sollen, dass wir uns unabhĂ€ngig voneinander zur selben Zeit mit KrĂ€tze angesteckt hĂ€tten? Ich bin sauer ĂŒber diese sehr wahrscheinliche Fehldiagnose.

Ich bin sauer, weil die Behandlung mit der Permethrinsalbe im Fall einer Fehldiagnose absolut kontraproduktiv war, denn sie trocknet die Haut zusÀtzlich aus.

Ich bin sauer, dass ich aufgrund dieser Diagnose paranoid reagiert und das falsche getan habe. Mit der angeblichen KrÀtze wusch ich mich noch öfter als sonst.

Auch das Teebaumöl war nicht wirklich gut fĂŒr mich. Es kĂŒhlt zwar, und lindert dadurch den Juckreiz, aber es macht das Hautbild nicht besser, sondern schlechter. Angewandt hab ich es unter anderem, weil es desinfizierend sein soll, und fungizid, und weil es pur angeblich KrĂ€tzemilben tötet. Leider wirkt es auch sensibilisierend, so wie die meisten Ă€therischen Öle, und ich hab es mir pur auf die Haut gesprĂŒht. Das war wirklich Mist. Und wisst ihr was? Das Zeugs wurde mir in einem SprĂŒhflĂ€schchen verkauft! Nein, ich glaub nicht, dass man etwas, was wie eine Mischung aus Terpentin und Eukalyptus riecht, als Raumbedufter einsetzten sollte. Das Zeug gehört tropfenweise in Cremes oder Duschgel hineingemischt, wenn ĂŒberhaupt. Es gibt keinen vernĂŒnftigen Grund, es irgendwohin zu sprĂŒhen. Pur! Wo war mein Verstand, als ich ihn gebraucht hĂ€tte? Ja, Juckreiz macht wahnsinnig.

Wenn Ekzeme in der Familie liegen, nennt man sie ĂŒbrigens Atopische Ekzeme, oder auch Neurodermitis. Toll, was? Wikipedia meint dazu: »Das atopische Ekzem (griechisch ??????, atopĂ­a – „Ortlosigkeit“, „nicht zuzuordnen“; griechisch ??????, ekzema – „Aufgegangenes“) ist eine chronische, nicht ansteckende Hautkrankheit, die zu den atopischen Erkrankungen gehört.« – Wie schön. Das wollte ich schon immer mal ganz genau wissen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Atopisches_Ekzem

P.S.: „Alternativ-Heiler“ und deren Fans können ihre Tipps bitte stecken lassen. Globuli und SchĂŒssler Salze sind lediglich nĂŒtzlich, um Zucker zu ĂŒbersteigerten Preisen zu verkaufen, und das einzig wirksame an homöopathischen Salben ist die Fettkomponente. Liebesperlen und Nivea tun das selbe, sind aber preiswerter.

P.P.S.: Bei nĂ€herer Überlegung deaktiviere ich die Kommentarfunktion fĂŒr diesen Artikel am besten gleich. Spart Nerven.

O2, wir mĂŒssen reden.

Telefonhörer

Vorhin hatte ich ein TelefongesprÀch, das war nicht mehr von dieser Welt.

Es begann damit, dass ich eine 0900-Hotline anrufen wollte. „Die Rufnummernsperre ist aktiviert!“ beschied mir das Telefon. Aha. Ja, das hatten wir vermutlich damals, als die bösen Dialer ihr Unwesen trieben, machen lassen. Jetzt aber möchte ich einen Kundendienst anrufen, weil eins meiner GerĂ€te defekt ist. Na gut, das geht auch mit meinem Mobiltelefon. Trotzdem, finde ich, soll diese lĂ€stige Sperre nun weg.

Also suche ich nach dem zustĂ€ndigen Kundenportal. Das gehört inzwischen nicht mehr zu Hansenet, und auch nicht mehr zu Alice, sondern zu O2. Nach einer gefĂŒhlten Odyssee finde ich endlich das Passwort-Recovery fĂŒr den geneigten DSL-Kunden mit vergessenen Zugangsdaten. Die Website verkĂŒndet, dass sie ein temporĂ€res Passwort an die hinterlegte Mobilnummer verschickt habe. Huch! An wen bitte? Ich bin mir sicher, dass wir damals, als wir bei Hansenet Kunden waren, noch kein Mobiltelefon hatten. Aber vielleicht hat mein Mann das ja irgendwann nachregistriert. Ich rufe ihn an, und frage ihn, ob eine SMS bei ihm angekommen sei. Nein, da kam keine.

Gut, denke ich, dann rufe ich doch einfach mal bei der Hotline von O2 an, und frage nach. So etwas wird sich schließlich klĂ€ren lassen. Notfalls per Briefpost, was weiß ich. Die haben Mitarbeiter, die so etwas wissen, und die mir das erzĂ€hlen können, wenn ich es auf der Website nicht finde. Denke ich. Was dann jedoch geschieht, spottet jeder Beschreibung.

Der Telefonist, den ich am Apparat habe, arbeitet komplett skriptgesteuert, wie ein Roboter. Das ist das erste, was daneben geht. Ich spreche ihn lebendig und freundlich an, er antwortet tonlos, und betet maschinell sein Skript herunter. Kundennummer? Die habe ich natĂŒrlich nicht parat. Wer hat denn, Hand auf’s Herz, seine Telefonkundennummer zur Hand, wenn sein Telefon muckt oder er sonst etwas möchte? Ich gebe ihm also die Telefonnummer. Die ist in meinem Fall, abzĂŒglich der Vorwahl, sechstellig, und recht merkfreudig. Ich nenne sie in Form dreier zweistelliger Zahlen. Das heißt, ich will sie nennen, werde aber eisig unterbrochen: Der Telefonist will die Zahlen einzeln, nicht als zweistellige Zahlen. Und dann kommt DIE FRAGE: „Wie lautet ihr Telefonkennwort?“

Aha, denke ich, noch eine Baustelle. „Deswegen rufe ich gerade an“, antwortete ich, und werde prompt noch einmal unterbrochen. Ohne das Kennwort könne man gar nichts machen, wird mir entgegengehalten, und ich sei ja auch nicht der Vertragspartner, das sei ein Jacques Nietsch. Ja, das ist mein Ehemann! Das allerdings, wird mir entgegnet, wĂŒrde ja wohl nur ich behaupten. Das GesprĂ€ch eskaliert mehr oder weniger sofort. Als ich schließlich den Hörer auf die Gabel knalle, zittere ich vor Wut, und das Herz schlĂ€gt mir bis zum Halse.

Der Telefonist hat sich hinter einer Palisade aus „Datenschutz“ und „Sicherheit“ verbarrikadiert. Was ich jedoch von ihm wollte, war eine ganz schlichte Auskunft: Was muss ein O2-Kunde tun, wenn ihm die genannten Kennworte nicht vorliegen? Wie wird, rein technisch, und ganz allgemein, dieser missliche Zustand behoben? Um mir das mitzuteilen, dazu hĂ€tte der Telefonist keinerlei Authentifizierung benötigt. Ich wollte in diesem GesprĂ€ch nichts umstellen oder freischalten lassen. Ich wollte wissen, was ich tun kann, damit ich (oder mein Mann, falls wir hier Erbsen zĂ€hlen wollen) demnĂ€chst wieder die O2-Website und/oder die Hotline nutzen kann.

Aber selbst wenn ich den Wunsch gehabt hĂ€tte, jetzt und hier am Telefon gleich etwas umstellen oder freigeben zu lassen: lösungsorientiert war die Strategie des Mitarbeiters nicht. Er wusste, nebenbei angemerkt, auch gar nicht, um was es eigentlich ging, und fĂŒr welches Problem ich eine Lösung suchte. Zu einer Frage ließ er mich nĂ€mlich ĂŒberhaupt nicht erst kommen. Er war vollstĂ€ndig darauf konzentriert, sich wie Zerberus zu gebĂ€rden, und mir jeglichen zielfĂŒhrenden Dialog zu verweigern. Die direkte AbkĂŒrzung zwischen „Ich möchte doch nur wissen 
“ und „Ohne Telefonkennwort können Sie hier gar nichts!“

Wann braucht ein Kunde so ein ominöses Kennwort? Wohl fast nie! So oft im Leben lĂ€sst man nichts an seinem Telefonanschluss umschalten oder Ă€ndern. Es ist nur natĂŒrlich, dass man so etwas nicht zur Hand hat, nach etlichen Jahren mit dem selben Telefonvertrag. Es muss also sehr oft vorkommen, dass Kunden anrufen, die das genannte Kennwort nicht parat haben. O2, lĂ€sst du die Leute alle so mit Anlauf an die nĂ€chste Wand klatschen?

Unterstellen wir, du wĂ€rst völlig paranoid, und hĂ€ttest gute GrĂŒnde dafĂŒr: Was hĂ€tte dagegen gesprochen, mir am Telefon mitzuteilen, dass mein Mann dieses oder jenes Formular aus den Internet herunterladen muss, unterschreiben muss, an diese oder jene Adresse schicken muss, mit Postident und weiß der Kuckuck was noch? Meinetwegen hĂ€tte die Antwort auch lauten können: Ihr Mann muss in einer unserer Filialen vorbeikommen, seinen Ausweis vorlegen, und einen Antrag in sechzehnfacher Ausfertigung ausfĂŒllen. Irgendwas. Einen Weg wird’s doch wohl geben. Oder etwa wirklich nicht? Gibt es kein Protokoll, keine Lösung, keine StandarderklĂ€rung, nicht einmal eine URL oder einen Klick-Pfad, der mir am Telefon beschrieben werden darf? Und sind Unterschrifts- oder vergleichbare Vollmachten fĂŒr dich völlig undenkbar? So undenkbar, dass man sich mit deinen Mitarbeitern nicht am Telefon darĂŒber unterhalten kann, wie man dich fĂŒr die Zukunft mit einer solchen Vollmacht versorgen kann? Kann man so etwas nicht klĂ€ren? Und erklĂ€ren?

Bitte finde einen kundenfreundlichen Weg, um mit Situationen wie der heutigen umzugehen, O2. Und bitte sorge dafĂŒr, dass deine Telefonisten sich im GesprĂ€ch lösungsorientierter verhalten. Die Lösung muss (und darf!) nicht lauten, dass man sich ĂŒber Sicherheitsbestimmungen hinwegsetzt. Das verlange ich nicht, und das hĂ€tte ich nicht verlangt. Ich bin selbst Sysadmin von Beruf, und ich Ă€ndere niemals auf telefonischen Zuruf von irgendwem irgendein Passwort. Aber bitte teilt doch euren Kunden mit, wie sie legal an valide Authentifizierungsdaten kommen. Und auch, wie sie einander eine Vertretungsvollmacht ausstellen können, damit wenigstens ein Ehepartner etwas fĂŒr den anderen erledigen kann, ohne dass eure Hotline gleich im Dreieck springt und mit Kruzifixen und Weihwasser wirft. So ein wirres, eskalierendes GesprĂ€ch wie heute möchte ich nie, nie, nie wieder mit einem Kundensupport fĂŒhren mĂŒssen.

UPDATE: Übrigens, „O2 Hotline unfreundlich“ bringt eine hĂŒbsche Menge Treffer bei Google. Das ist keine gute Werbung fĂŒr euch. Und wenn ein Anbieterwechsel nicht so einen riesigen Haufen Scherereien mit sich bringen wĂŒrde, dann wĂ€re das heutige Erlebnis fĂŒr mich ein Grund gewesen, Telefon und Internet in Zukunft bei jemand anderem zu buchen.

2. UPDATE: Dank der kompetenten Social-Media-Betreuung von O2 konnte ich inzwischen unsere Zugangsdaten recovern und unsere Kundendaten aktualisieren. Treppenwitz: Als ich es eben im Kundencenter das Telefonkennwort sah, fiel es mir wie Schuppen von den Augen, dass ich das damals selbst gesetzt habe. In einem etwas entspannter verlaufenden GesprÀch hÀtte es mir also durchaus wieder einfallen können.