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Künstlervergütung

Medienkarte

Ich träume einfach mal, und stelle mir vor, es wäre Zukunft.
In dieser Zukunft habe ich mir auf dem Heimweg eine Medienkarte gekauft. Sie besteht aus lackiertem Karton. Darauf aufgedruckt ist ein quadratisches Feld mit einem Scancode, mit dem mir die Karte an der Kasse freigeschaltet wurde. Daneben befindet sich ein silbriges Rubbelfeld, unter dem sich ein Bezahlcode verbirgt, den ich abtippen kann. Mit dieser Karte kann ich Medienpunkte im Wert von 20 Euro unter’s Volk werfen, ohne dass ich eine Kreditkarte oder irgendwelche Bankdaten dafür benötige, und ohne dass mein Name mit einer Zahlung in Beziehung gesetzt werden muss. Die Rückseite der Karte ziert ein Werbebildchen eines Sponsors und dessen URL: Eine Tageszeitung, deren E-Ausgaben ich ebenfalls mit Medienpunkten bezahlen kann. Auch für Spenden, zum Beispiel für Wikipedia oder für Unicef, kann ich meine Punkte einsetzen.

Während mein heimischer Rechner hochfährt, kratze ich die gummiartige Schicht von der Karte. Schließlich starte ich meinen Browser und rufe die Seite des Medienbezahldienstes auf. Auf meinem E-Book befindet sich nämlich seit einigen Tagen ein spannender Fantasy-Roman, den ich jetzt fast ausgelesen habe. Dafür möchte ich dem Autor nun eine Vergütung zukommen lassen. Heruntergeladen habe ich den Text nicht etwa von der Webseite seines Verlags, sondern von einer der zahlreichen Fanseiten, die so sein Buch verbreiten und nebenbei den Server ihres Lieblingsautors entlasten.
Eine elektronische Unterschrift stellt sicher, dass das Buch nicht verändert wurde. Unter der Titelzeile finde ich das Mediensiegel, gebe es in das Formular auf der Webseite des Bezahldienstes ein, und klicke auf den OK-Button. Einen Moment später erscheinen Buchtitel, Autor und Kurzbeschreibung auf meinem Monitor. Darunter die Frage: „Mit wievielen Punkten möchten Sie dies Werk vergüten?“ – Ich überlege kurz, und trage dann eine 300 ein. Das entspricht 3 Euro. Dann nehme ich meine Medienkarte, und tippe meinen Bezahlcode ein: mehrere Nonsensworte, durch Leerzeichen voneinander getrennt. Das Webformular fragt noch einmal nach, ob alles richtig sei, bestätigt dann den Zahlungseingang, und gibt mir die Restsumme meiner Karte aus. Von meiner Buchung werden 10% als Gebühr bei dem Bezahldienst bleiben. Den Rest bekommt der Autor. Ob ich bezahlt habe oder nicht wird niemand kontrollieren. Nur Zeitungen und E-Magazine verlangen eine Buchung direkt beim Download. Filme und Musikstücke werden auf die gleiche Weise bezahlt. Freiwillig. Und es funktioniert.

So, stelle ich mir vor, könnten Musiker, Künstler, Autoren und gemeinnützige Projekte in Zukunft an ihr Geld kommen. Andere Leute haben vielleicht andere Ideen.

Weitersurfen:

Piratenforum: Urheberrecht

Elektrischer Reporter: Urheber 2.0: Jeder Nutzer ein Pirat?

Tim O’Reilly: Piracy is Progressive Taxation, and Other Thoughts on the Evolution of Online Distribution

[Update:] Presseschauer: Raubkopie – Kampfbegriff der Musikindustrie