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Termingerechte Terminatoren

Das ist aber wirklich freundlich von den Terroristen, dass sie pünktlich zur heutigen Innenministerkonferenz in Hamburg ihre finsteren Pläne durchsickern lassen. Für die kommenden 13 Tage ist hier nun erhöhte Wachsamkeit angesagt! Vermutlich läuft danach das Visum der Terroristen ab, oder der Sprengstoff ist dann über’s Haltbarkeitsdatum raus und kann nicht mehr verwendet werden – keine Ahnung. Jedenfalls sollen wir braven Bürger nun Ruhe bewahren, während der Staat Stärke zeigt. Das tut er in Form von bulligen, schwarz gekleideten Kerls, die mit kugelsicheren Westen und automatischen Feuerwaffen auf unseren Bahnhöfen herumlungern patroullieren.

Oh Mann, was fühl ich mich jetzt aber sicher! Außerdem darf ich mich nicht in meinen Lebensgewohnheiten beeinträchtigen lassen. Das hat mir der Herr Innenminister de Maiziere nämlich verboten. Seinen Äußerungen zufolge haben wir nun alle Grund zur Sorge, aber nicht zur Hysterie. Ob damit auch hysterisches Gelächter verboten ist, ist mir nicht ganz klar. Herrenloses Gepäck und auffälliges Verhalten sollen allerdings gemeldet werden.

Vermutlich wäre es empfehlenswert, sehr belebte Orte in den kommenden zwei Wochen zu meiden. Das wird den Hamburgern sicherlich leicht fallen. Insbesondere jetzt, wo bereits jahreszeitbedingt die Bahnen gesteckt voll sind, was zusätzlich durch seit Wochen ausfallende Entlastungslinien der S-Bahn verschärft wird. Aber nach diesen 13 Tagen sind wir dann wieder klipp, und können uns pflichtschuldigst in die Weihnachtseinkäufe stürzen.

Ich glaube, mein Schwein pfeift.

Update:

Wir haben keine Angst!

Reaktionen auf meine Schneeschippaktionen

Seit meiner Eis-Hackerei am letzten Wochenende nehme ich immer mal wieder, wenn’s mir passt, Schaufel und Besen zur Hand, und begebe mich damit an „meine“ eisfreie Schneise, um dort Schnee und Matsch zu entfernen. Die Reaktionen der Leute, die dort vorbei kommen, sind meistens sehr freundlich, manchmal lustig, und in einigen Fällen auch schauderhaft. Ich fange mal, weil es am schönsten ist, mit „sehr freundlich“ an: Viele Leute haben mich gefragt, ob ich „das“ machen muss, ob ich „zuständig“ sei, aber den meisten ist klar: ich muss da nicht Schnee schieben. Dafür, dass ich das Stückchen Weg freiwillig räume, bekomme ich eine Menge Lob und Komplimente, und das motiviert mich natürlich ganz ungemein. Das wunderbarste Erlebnis bisher bescherte mir eine mir gänzlich fremde Frau, die mir im Vorbeigehen diesen schönen Rosenstrauß in den Arm drückte. Aber auch die ungekünstelten, fröhlichen „Danke“, die mir von Leuten mit strahlenden Gesichtern zugerufen werden, sind für mich eine tolle Belohnung.

Eher verzichten kann ich auf die angeschnasselten Vorträge intellektuell herausgeforderter Transporteure geöffneter Bierbehältnisse. Schwankend, miefend, und überwiegend zusammenhanglos wird mir von dieser Klientel wahlweise die Aussichtslosigkeit meines Tuns erklärt, oder ich darf mir anhören, wie unverschämt die Stadt … naja, lassen wir die unschönen Details. Ja, es ist eine Sauerei, dass es keinen ausreichenden Etat und keine vernünftige Planung für diese Saisonarbeit gibt, ja, es ist ein Chaos hier, wirklich super, dass Sie stolz auf mich sind (obwohl Sie nichts zu meinem Engagement beigetragen haben), darf ich jetzt bitte weitermachen? Fein. Piraten meckern nämlich nicht bloß über das glitschige Deck, Piraten machen „rein Schiff“. Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen.

Ebenfalls eher ärgerlich sind Sprüche der Kategorie „Mistarbeit“, „Na, da haben Sie sich ja was vorgenommen!“, „Nützt doch eh nichts, schneit ja doch wieder“, „Also ich würde das ja nicht machen“. Nur weil andere von vornherein die Flinte ins Korn werfen, muss ich es noch lange nicht tun. Ich will mich an meinem Erfolg freuen, und die machen mir’s mies.

Gruselig wird es mir, wenn Gruppen von frechen Kindern und Jugendlichen sich meinem Wirkungskreis nähern. Dumme Sprüche, Beleidigungen, „Mach mal schön sauber hier“ … na, ich danke. Wer hat denen bloß beigebracht, dass jemand, der freiwillig arbeitet, dafür ausgelacht werden darf? Mit was für Werten wachsen diese Kinder auf? Leider bin ich nicht in der Lage, sonderlich souverän mit solchen Mobbingattacken umzugehen. Bei der letzten derartigen Begegnung nahm mir das Jungvolk die Schaufel weg, und legte auf dem vereisten Weg quer über die Wiese eine Glitsche frei. So eilig, wie es die Situation gestattete, sammelte ich mein Zeug zusammen, und brachte es in den Keller.

Lustig waren meine Begegnungen mit einem Afrikaner. Beim ersten Treffen versuchte er ganz offenbar, mich anzubaggern. Ich schwärmte ihm ausgiebig von meinem Mann vor. Das half. Bei unserer zweiten Begegnung hielt er mir einen langen Vortrag darüber, wie schön es sei, dass ich „Gottes Weg“ folge und so viel Gutes tue. Dann wollte er mir unbedingt beim Rest meiner Arbeit helfen, wobei er mir anscheinend mit seinem Elan imponieren wollte. Die Schaufel überstand seinen Energieausbruch. Den Besenstiel hingegen zerlegte er gleich im ersten Versuch mit lautem Krachen. Da ich eine derartige Situation schon beim Kauf des extralangen Stiels vor meinem geistigen Auge gesehen hatte, amüsierte mich das köstlich. Zum Glück brach der Stiel ziemlich weit unten, und ich verlor nur einen halben Meter Holz. Das zersplitterte Ende habe ich hinterher einfach gerade abgesägt.

Hamburg bringt seine Bürger in Gefahr …

… kommentierte @ring2 am 5. Februar auf Twitter – und er schimpfte zu Recht! Anstatt den Schnee wegzuräumen, als es noch Schnee war, sagten sich die Verantwortlichen nämlich ganz offensichtlich: „Lass liegen, tritt sich fest, gibt’n Muster!“

Ja, es hat sich festgetreten. Es ist angetaut, und wieder angefroren, und es hat draufgeschneit, ist wieder angetaut, und dann glashart gefroren. Öffentliche Wege in Hamburg sind überwiegend spiegelglatt. Die Menschen schliddern und stürzen hier auf einem glitschigen, dicken Eispanzer, den jetzt auch keiner mehr weghacken kann – es sei denn, man wollte dazu Presslufthämmer bemühen.


Als ich am Donnerstag Morgen Richtung S-Bahn Rothenburgsort unterwegs war, sah ich, wie ein Mann auf dem Zebrastreifen hinfiel. Er knallte voll aufs Gesicht, und seine Tasche flog quer über die Straße. So vorsichtig, aber auch so rasch wie möglich, eilte ich mit meinem Mann zu ihm hin, um zu helfen. Der arme Kerl blutete in Strömen. Auch an den Tagen vorher hatte ich schon viele Leute stürzen sehen, aber dieser Anblick will mir nicht mehr aus dem Kopf. Das hätte nicht sein müssen. Das hätte man mit ein paar Schaufeln Split wirklich verhindern können. Warum musste das passieren?

Am Freitag fing das Eis dann an zu tauen, und auf dem Weg vom Büro zur S-Bahn konnte ich mich kaum auf den Füßen halten, so glitschig war das klatschnasse, blanke Eis draußen vor unserer Dienststelle. Ich fuhr zum Hauptbahnhof, wollte eigentlich ins Café in der Thalia-Buchhandlung, stand sogar schon dort vorm Eingang – und drehte spontan wieder um. Wie konnte ich hier seelenruhig Tee trinken, wenn in meinem Stadtteil der Weg zur S-Bahn voll mit blankem, nassem Eis war? Ich fuhr heim, ging in den Keller, und holte mir eine Schaufel. Und dann habe ich Eisschollen gehackt und vom Bürgersteig gehebelt, von halb fünf bis halb zehn. Viel hab ich nicht geschafft, denn als untrainiertem Büroweibchen fehlten mir dazu die Kräfte. Ein körperlich arbeitender Bär von einem Mann hätte in derselben Zeit bestimmt mehr als doppelt so viel geschafft. Dummerweise ist ein Bär von einem Kerl nie da, wenn man ihn brauchen könnte.

Am Samstag wurde es wieder eiskalt, und was am Freitag Pfützen aus Schmelzwasser gewesen waren, war jetzt glashart gefroren und spiegelglatt. Ich kaufte Kleintierstreu aus Holzspänen, und streute das auf den Weg. Der Wind verwehte das meiste, und es brachte auch nur ein wenig, aber das bißchen, was liegenblieb, hat zumindest am Samstag und am Sonntag so manchem ein klein wenig geholfen. Lieber noch hätte ich mir Sand oder Split geholt, aber die Sandkiste vom Spielplatz liegt unter einem Eispanzer, und Split-Depots gibt es hier nirgends. Auch das Eis ließ sich nicht mehr hacken – es war einfach viel zu hart geworden durch den strengen Frost. Zwar hat mir am Samstag sogar noch eine Frau aus dem Stadtteil geholfen, aber wir hatten einfach keine Chance. Zwei Quadratmeter nach zwei Stunden Plackerei! Da haben wir dann aufgegeben.

Aber nicht nur die Stadt kommt ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht ausreichend nach. Auch auf den Bahnsteigen ist es gefährlich. Anstatt räumen zu lassen, macht man Durchsagen – es ist eine Frechheit! Ich will nicht, dass man uns Fahrgäste um Verzeihung bittet, sondern ich will, dass uns die Verkehrsbetriebe den Service bieten, für den wir mit unseren Fahrkarten teuer genug bezahlen! Und nein, ich möchte nicht, dass man Hartz-IV-Bezieher als 1€-Jobber dafür einsetzt. Nachdem ich mir selbst den Buckel weh und krumm geschuftet habe, kann ich beurteilen, was das für eine harte Arbeit ist. Stellt Saisonarbeiter dafür ein, oder beauftragt Baufirmen damit, und bezahlt die Leute anständig dafür. Soviel Wertschätzung muss sein. Und wenn ihr schon nur Split streuen lasst, statt zu räumen, dann streut bitte regelmäßig nach, in ausreichender Menge! Und nicht dekorativ, wie einen Hauch Zuckerstreusel auf der Kindergeburtstagstorte, und so selten, dass das Zeug beim nächsten Antauen einsinkt und gleich wieder unter dem nächsten Eisfilm verschwindet, das nutzt nämlich niemandem. Muss sich eigentlich erst ein Senator das Bein brechen, damit diese Stadt ihrer Verkehrssicherungspflicht nachkommt?

Meinetwegen kann man übrigens gern die Bauruine der Elbphilharmonie gleich wieder niederreißen und zu Rollsplit verarbeiten, falls es an Streugut fehlen sollte. Oh Mann, ich hab eine Stinkwut.

Update am 9. Februar 2010 um 22:27 Uhr: Vorhin bin ich vom Stammtisch heimgekehrt und hab nicht schlecht gestaunt: Da hat jemand das eisfreie Stück Weg noch um ein gutes Ende verlängert, und muss sich dabei richtig heftig abgerackert haben. Bei der glasharten Piste das Eis bis auf die Gehwegplatten runter zertrümmern? Respekt! Es lag auch gleich wieder eine pudrige Schicht Schnee drüber, die ich noch eben fix mit dem Besen beiseite gekehrt habe. Auf den vereisten Partien wurde auch etwas Split gestreut, die könnten allerdings noch etwas mehr davon vertragen.

Kinderlein …

Sie waren zu dritt. Sie beschimpften mich als Hure, Nutte, Schlampe. Sie riefen unflätige Beleidigungen über meine Mutter (die sie niemals gesehen haben können, denn die ist schon lange tot). Sie bewarfen mich mit Schnee und dicken Klumpen von schwarzem Schneematsch. Als ein älterer Freund von ihnen dazu kam, um zu deeskalieren, taten sie erst so, als wollten sie sich entschuldigen und mir die Hand reichen, spuckten mir dann aber ins Gesicht, und beschimpften mich auch noch als „kranke Optimistin“. Wie kommen drei kleine Jungs, gewiss noch im Grundschulalter, zu solchen Ausdrücken, und zu so einem Benehmen? Liebe Familien dieser drei Jungs mit Migrationshintergrund, bitte erzieht eure Kinder zu einem respektvolleren Umgang mit ihren Mitmenschen.