Klamottenkauf

Im letzten Jahr habe ich 25 kg abgenommen. Seit dem letzten Herbst hab ich mir ĂŒberwiegend leichte Sommerkleidchen zugelegt, und nur eine einzige Jeans in GrĂ¶ĂŸe 42. Ansonsten habe ich die alten „Hoffnungsjeans“ aus der Kiste geholt, von denen ich schon befĂŒrchtete, sie nie wieder tragen zu können. Selbst die sind mir inzwischen zu weit. Das Wetter ist zu kalt geworden fĂŒr die dĂŒnnen, knielangen Kleidchen. Es hilft nichts, Modeallergie hin, Geiz her – ich brauche neue Klamotten.

Um nicht völlig plan- und ziellos durch die KaufhĂ€user zu toben, entwerfe ich in Gedanken mein Wunsch-Outfit. Nicht, um mich exakt daran zu halten, denn das klappt nie. Ich möchte am nĂ€chsten Tag was zum Anziehen haben. Aber in eine gewisse Richtung soll es schon gehen: kniehohe, weiche Lederstiefel in einer Art abgewetztem Braun, ein weit schwingender, etwas mehr als knielanger, brauner Rock, und ein hellbrauner, dĂŒnner Pulli. GewĂŒnschter Stil, der dabei raus kommen soll: behaglich, gemĂŒtlich, gern etwas verspielt, aber bitte nicht albern.

So weit die Theorie. Um so etwas in die RealitĂ€t umzusetzen, muss man jedoch entweder sehr lange herumlaufen, sehr viel Geld ausgeben, oder selbst nĂ€hen. Es sei denn, man hat ein schweinemĂ€ĂŸiges GlĂŒck.

Ich habe diesmal kein GlĂŒck, zum selbst NĂ€hen fehlt mir die Zeit, und viel ausgeben kommt fĂŒr mich nicht in Frage. Ich versenke doch kein halbes Monatsgehalt fĂŒr ein paar Klamotten, die ich maximal ein paar Monate lang in Gebrauch haben werde. Denn danach, hoffe ich, werde ich wieder etwas kleineres brauchen. Preiswertere Sachen mĂŒssen reichen.

Stundenlanges Shoppen ist nicht mein Ding. Entweder ich finde meinen Kram schnell, oder ich lasse es sein. Nichts zu finden ist diesmal allerdings keine Option. Die alten Jeans sind schlabberig und halten sich nur noch mit Hilfe eines GĂŒrtels oben. Mit irgendetwas tragbarem muss ich heute nach Hause kommen.

Also werden es keine brauen Lederstiefel. Schwarzes Kunstleder muss es auch tun. Statt des weiten, braunen Rocks werden es drei preiswerte, relativ gerade geschnittene Röcke in schwarz, grau und einem sehr dunklen Violett. Und statt eines dĂŒnnen Rollis greife ich mir zwei langĂ€rmlige Shirts mit kleinteiligen Mustern. Der erzielte Look ist altbacken und streng. Ich bin nicht zufrieden. Immerhin, die Röcke sind einfarbig, bieten kleine Reißverschluss-Taschen, und die BĂŒndchen haben einen bequemen Gummizug, das ist schon mal was.

Die ĂŒbrige Auswahl ist eine Zumutung. Wo haben die Designer sich ihre Inspiration geholt, etwa vor 40 Jahren auf Großmutters Dachboden? Was ist so schwierig an einfarbigen, klassisch geschnittenen, taillierten Kleidern und weit schwingenden Röcken? Das derzeitige Angebot bei C&A ist das reinste Gruselkabinett. Den Vogel schießt dort allerdings die Trachtenmode ab. Bonbonfarbene Dirndl und alberne Kniebundhosen will in Hamburg bestimmt niemand tragen, und den Chemikaliengestank, der von dem Krempel ausgeht, finde ich unertrĂ€glich.

Was mich außerdem wundert ist die doch etwas drastische Anpassung der KonfektionsgrĂ¶ĂŸen. Klar, die Proportionen Ă€ndern sich. JĂŒngere Menschen haben heutzutage lĂ€ngere Arme und Beine und sind insgesamt grĂ¶ĂŸer, und dem muss natĂŒrlich Rechnung getragen werden. Aber dass ich jetzt mit einem BMI von 25 bequem in einen Rock der GrĂ¶ĂŸe 40 rein passe ist ausgesprochen irritierend. In den spĂ€ten 70ern hĂ€tte ich mit einer solchen Figur Röcke in GrĂ¶ĂŸe 44-46 gebraucht. In eine 38 rein zu passen war fĂŒr mich selbst mit Anfang 20 ein unerfĂŒllbarer Traum. Damals wog ich 62 kg. Jetzt wiege ich 69 kg, und trage die selbe KleidergrĂ¶ĂŸe wie damals. Sehr seltsam.