Abschied von Lottchen

Heute hab ich dem Leiden von Lottchen ein Ende gemacht. Ihr Krebsgeschwür war zum Schluss schwerer als der Rest von dem armen Vogel, und eigentlich hätte ich ihr schon viel früher helfen sollen. Ich hatte es aber nicht über’s Herz gebracht, weil Moritz sich so rührend um sie kümmerte. Jedes mal, wenn ich die beiden beobachtet habe, kuschelten und schnäbelten sie miteinander.

Als ich diesmal heim kam, und nach ihr sah, war es einfach zu schlimm. Lotte hockte allein am Boden, mit Blut am Schnabel, und eine ihrer Zehen fehlte. Vermutlich hatte sie sich beim Klettern verletzt. Ich half ihr noch mal in ihre Schlafhöhle, gab ihr zwei Tropfen Metacam, und überlegte dann, wie ich sie schmerzfrei und ohne viel Stress von ihrem Elend erlösen könnte. Eine Fahrt zu einem Tierarzt kam hier nicht mehr in Frage. Es sollte schneller gehen, sehr viel schneller – ohne Transport irgendwohin, und ohne Zeit für Panik. Also füllte ich ein großes, hohes Schraubglas mit CO2 aus unserem Soda-Sprudler, machte zur Sicherheit eine Kerzenprobe, holte Lottchen aus dem Käfig, und setzte sie in das Glas. Sie sank sofort in sich zusammen, und war nach weniger als 10 Sekunden tot.

Meine Hände haben gezittert, als ich sie aus dem Glas geholt und in ein Papiertuch gewickelt habe, um sie zu begraben. Ich bin immernoch nervös und voller Schuldgefühle, obwohl ich gar nicht anders hätte handeln dürfen. Armes Lottchen – ihr Geschwür war fiebrig heiß, prall und groß wie ein Hühnerei, und auf der Brust war sie ganz schrecklich dünn. Ich möchte nicht wissen, wie viele Tage sie sich noch gequält hätte, wenn ich nicht endlich eingegriffen hätte.